Wednesday, December 26, 2012

"Paradies: Liebe"



Ulrich Seidls neuer Film "Paradies: Liebe" rückt wie immer in brutaler Zentralperspektive ein Thema in den Mittelpunkt, welches von der Gesellschaft gerne ausgeklammert wird.
In diesem Fall Sex-Tourismus in Afrika, oder besser Liebes-Tourismus? Scheint die österreichische Hausfrau doch ein wenig mehr auf Bestätigung aus zu sein als der Rentner in Thailand.
Die Hauptfigur, Teresa, fragt, ob denn schon viele weiße Frauen hier in diesem Bett... Sie kichert anfangs und illusioniert, kann also nach und nach desillusioniert, seziert, schließlich als Freier emanzipiert und in Ruhe mit Hilfe und Ratschlägen ihrer Freundinnen zum ganz gewöhnlichen Sextouristen werden.
Und der Sextourist, der schätzt das Angebot, welches für wenig Geld reichhaltig vorhanden ist und weiß wie man da ran kommt. Ist also ganz gewöhnlicher "ausbeuterischer" Tourist, der Dinge bekommt, die er sich zu Hause nicht leisten kann. Und Schönheit, die nicht zur eigenen Optik passt. Als wenn es nur daheim  Spiegel gäbe. Die Schieflage der Welt, der Kontinente, wird in diesen Bildern sichtbar.
Natürlich sind wir alle auf Beutezug. Auf jeder Reise in jedes Land, welches im Ungleichgewicht zum eigenen Wohlstand Erholung in Hülle und Fülle bietet. Auch im eigenen Land, beim Konsum von ausbeuterischen Produkten, sind wir dabei.
Es hat mich Nerven gekostet, die langen Kamera-Einstellungen zu ertragen, welche, wie gesagt, noch nicht einmal Flucht in eine Perspektive jenseits der Hauptakteure gewähren. Welche man sich ganz genau anschauen muss, so genau, wie man auch von der anderen Seite, den Einheimischen, angeschaut wird. Jedes Gesicht, jeder Körper.
Das kann nicht gefallen. Wird hier recht deutlich.
Teresa darf wenigstens unglücklich bleiben, was ihr in diesem Fall ein wenig Würde lässt.
Das ist die größte Gnade des Films.
Wenn man möchte, dann gibt es auch noch sehr viel zu lachen. Über Sexualkunde als Völkerverständigung zum Beispiel.

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